Es gibt eine Sache, die mich gewaltig an vielen aktuellen Horrorspielen stört. So sehr, dass ich eigentlich keine Lust mehr auf das Genre hatte. Egal ob verfluchte Häuser, Kornfelder oder unterirdische Höhlen - ständig muss ich weglaufen und mich verstecken, weglaufen und mich verstecken. Werde ich erwischt, bin ich sofort tot. Also geht die wilde Jagd wieder von vorne los, weglaufen und verstecken, weglaufen …
Zum größten Horror wird für mich dann vor allem der Frust, ständig meinen Spielfortschritt zu verlieren. Oder ein Jumpscare beschert mir eine kurze Panikattacke. Wirklicher Grusel, der sich mir an die Haut schmiegt, Unbehagen das bis in meine Venen klettert und mir das Herz pulsieren lässt, mir den Angstschweiß auf die Stirn treibt, bleibt aber aus. Viele Horrorspiele sind nicht gruselig - sie sind nervig.
Umso überraschter war ich von Ad Infinitum, das mit ein paar einfachen Tricks die Konkurrenz in den Schatten stellt. Sucht ihr noch das perfekte Spiel für Halloween oder allgemein ein düster-atmosphärisches Story-Adventure, solltet ihr hier weiterlesen!
Das Monster ist in meinem Kopf
Eins vorneweg, auch in Ad Infinitum müsst ihr euch verstecken und weglaufen. Aber eben nicht ständig und nicht nur. Statt Jumpscares und Hetzjagden steht der Horror des Krieges im Vordergrund.
Ad Infinitum spielt während des Ersten Weltkrieges, eine brutale, angsteinflößende Zeit, die ich hautnah als junger deutscher Soldat in den Schützengräben miterlebe - und zuhause. Denn Johannes scheint zwischen beiden Welten gefangen, unfähig zwischen Albtraum und Realität zu unterscheiden. Bin ich daheim und erinnere mich an die Schrecken des Krieges oder bin ich noch an der Front und träume sehnsüchtig von zu Hause?
Dieser Psycho-Horror gräbt sich viel tiefer unter meine Haut als jedes Monster und jeder Schreckmoment. Selbst wenn ich das Anwesen meiner Familie erkunde, kriechen die Schrecken des Krieges aus jeder Ritze. Ich sehe Blutspuren, höre ferne, markerschütternde Schreie oder das Wehklagen meiner Mutter. Räume verändern sich leicht und selbst wenn ich nur herumlaufe, Zettel aufhebe oder Rätsel löse, bin ich stets angespannt.
Wenn das Spiel mit mir spielt
All das funktioniert aber nur so gut, weil Ad Infinitum seine Monster wohldosiert einsetzt. Die personifizierten Kriegsschrecken sind da, sie jagen mich, aber ich weiß nie genau wann. Beispielsweise verteilen sich überall in den neblig finsteren Schützengräben herabhängende Dosen, die eigentlich Feinde entlarven sollen.
Schleiche ich in Angstschweiß getränkt an ihnen vorbei und berühre eine, erwarte ich jeden Moment eine Horde Bestien. Oft passiert dann aber nichts, selbst in Bereichen, wo mir das Tutorial nahelegt, dass es hier Verstecke oder Ablenkungen gibt.
Ad Infinitum spielt bewusst mit meinen Erwartungen und erzeugt damit unglaublich intensiven Horror - auch wenn ich eigentlich sicher wäre. Und genau dann, wenn ich mich langsam entspanne, bricht eben doch eine halb verweste Kreatur aus den Schatten hervor und die Jagd beginnt.
Licht in der Dunkelheit
Die Kirsche auf dem Horror-Sorbet sind dann die Geräusche. Ähnlich wie ein Hunt: Showdown versteht Ad Infinitum, wie wichtig die Soundkulisse für ein unheimliches Gefühl ist. Aus dem Nichts vernehme ich immer wieder Scharren, Kratzen, Knarzen, Heulen, Weinen, Fluchen oder Schreie - auch an scheinbar friedlichen Orten, als der Krieg langsam und unaufhaltsam zurück in meine Realität sickert.
Es gibt keinen Frieden, kein Entkommen, keinen Ausweg. Und trotzdem will ich weiterspielen. Denn in all dieser Hoffnungslosigkeit beschert mir Ad Infinitum auch immer wieder Lichtblicke, die mich überraschen - eine Lösung, die ich so nicht von anderen Gruselspielen gewohnt bin. Ein Hauch von Menschlichkeit inmitten eines unmenschlichen Verbrechens.
Deshalb empfehle ich euch Ad Infinitum auch, wenn ihr nicht die größten Horrorliebhaber seid. Allein das emotional packende Kriegssetting, das so atmosphärisch und grafisch ansprechend eingefangen wird, ist den Schreckenstrip wert, wenn ihr euch darauf einlasst.
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